20. März – 14. April 2014 – Auch die folgenden Tage radelten wir, das Wetter war viel zu schön. Blauer Himmel, so gut wie keine Wolken, dafür allerdings frostige Nächte. Das mussten wir natürlich ausnutzen und so blieb unseren müden Körpern nichts anderes übrig als munter weiterzuradeln. Ausruhen musste bis zum nächsten Regen warten.
Von Lake Ohau nach Twizel:
Noch immer befanden wir uns auf dem Alps to Ocean Radweg in Richtung Neuseelands höchstem Berg, Mount Cook auf 3.655m Höhe. Obwohl wir fast ausschließlich auf einer sehr schlechten Straße und Schotterwegen radelten, wo uns dazu noch SUVs mit maximaler Geschwindigkeit überholten, war die Landschaft ein Genuss. Mount Cook war den ganzen Tag direkt vor uns, ein tiefblauer See neben uns und zwitschernde Vögel um uns herum. Wir zelteten auf einer Schaffarm, wo wir in einen Schäferschuppen Toilette und Küche mitbenutzen durften. Leider war keine Schärsaison, die beginnt erst im September und so mussten wir uns mit dem Schlachten von Schweinen zufriedengeben. Unfreiwillig wurden wir hiervon Zeugen. Landleben pur sozusagen! Nach getaner Arbeit unterhielten wir uns noch mit dem Bauern, der noch immer blutverschmiert war. Seine Frau entschuldigte sich mehrfach für die einfache Unterkunft (für die wir im Übrigen nichts bezahlten) und brachte uns später zwei eisgekühlte Biere, um uns stilgerecht den Sonnenuntergang anschauen zu können. Das Leben ist schön.
Es folgten noch mehr sonnige Tage und wir radelten und radelten und bewunderten unsere Umgebung. Am See Tekapo, der für seinen spektakulären Sternenhimmel bekannt ist, verbrachten wir eine Nacht auf einem der schrecklichsten Campingplätze. Da dieser gleichzeitig auch als Backpacker Hostel diente, befanden sich dort viele junge, nervige weil lärmende Jungendliche, fast alle aus den USA. In dieser Nacht wollten wir eigentlich aufstehen zum Sternegucken. Da wir uns mittlerweile selbst sehr gut kennen und wissen, dass wir nachts nicht aufstehen, wenn wir nicht müssen (darf hier jetzt doppeldeutig verstanden werden), tranken wir viel bevor wir schlafen gingen. Und was passierte? Nichts. Trotz des Lärms schliefen wir wunderbar durch und wachten erst bei Tagesanbruch wieder auf.
Mittlerweile fuhren wir wieder in Richtung Norden, erst nach Christchurch und dann weiter nach Picton, von wo wir in einigen Wochen unsere endgültige Heimreise antreten würden. Damit befanden wir uns auch wieder auf deutlich befahreneren und weniger hügeligen Straßen und deutlich undramatischeren Landschaften. Gleichzeitig begannen wir auch, uns immer öfters Gedanken über unsere Zukunft zu machen. Unglaublich, wie einerseits die Zeit so schnell vergangen ist und uns andererseits auch wieder sehr lange vorkam aufgrund all unserer Erfahrungen und Erlebnisse.
Unser Hauptaugenmerk galt allerdings zunächst unserer eigenen Sicherheit, denn wir wollten ja am Stück und gesund zu Hause ankommen und nicht das Schicksal mit den vielen Opossums teilen, die viel zu oft als plattgewalzte Flundern auf den Straße endeten. Der Verkehr wurde immer gefährlicher mit rücksichtslosen LKW- und Autofahrern, die viel zu schnell und viel zu dicht an uns vorbei fuhren. Mehr als einmal flüchteten wir in den Straßengraben und jeden Abend waren wir froh, wieder irgendwo heil und ohne Verluste angekommen zu sein. Am Schlimmsten waren die Brücken: die Straße wird dann noch enger, der kleine Seitenstreifen ist dann überhaupt nicht mehr vorhanden und Autos dürfen noch immer mit der Maximalgeschwindigkeit von 100 km/h über die Brücke brettern. Wir wünschten uns dann immer die schönen kleinen einspurigen Brücken der Westküste zurück, auf denen der Gegenverkehr immer wartete und Autos hinter uns fuhren ohne vorbeizudrängeln, obwohl genügend Platz gewesen wäre. Auf normalen zweispurigen Brücken muss man schon sehr viel Glück haben, wenn ein Fahrer hinterherfährt. Grundsätzlich warteten wir vor einer Brückenüberfahrt, bis weder von vorne noch von hinten Verkehr kam. Dann strampelten wir wie die Gejagten, um es auf die andere Seite zu schaffen, aber waren meist noch immer zu langsam, um es ohne Verkehr über lange Brücken zu schaffen. Einmal fuhr Johan direkt vor mir und ich schaute nur kurz in den Spiegel, um zu sehen, wie sich uns ein riesiger LKW viel zu schnell näherte. Da uns auch Verkehr entgegen kam sah ich nur ein Chance: wir mussten von den Rädern springen und uns über die Seitenbegrenzung lehnen. Ich schrie Johan zu, da er den LKW nicht gesehen hatte, wir hopsten von den Rädern, quetschten uns an die Begrenzung als der LKW ungebremst und mit nur ca. 10cm Abstand an uns vorbei donnerte. Der Gegenverkehr kam völlig zum Erliegen, die Insassen der Autos hatten uns wahrscheinlich schon unter dem LKW gesehen. Einmal mehr wurde uns klar, dass unser Schutzengel gut auf uns aufpasst.
In Christchurch erholten wir uns mehrere Tage bei unseren Radlerfreunden Annika and Roberto, die erst vor Kurzem hierher gezogen sind, um ein Jahr zu arbeiten, bevor die Radreise weitergeht. Wir hatten viel Spaß mit den Beiden und mussten sogar ein Erdbeben der Stärke 4,3 auf der Richterskala miterleben. Eine für uns sehr beängstigende Erfahrung, aber nichts gegen die Erdbeben von vor zwei Jahren. Noch immer sieht die Stadt wie eine große Baustelle aus mit vielen eingerüsteten Häusern. Trotzdem mochten wir die Stadt und die Art, wie die Einwohner, vor allem in der Containerstadt, mit der Gefahr umgehen und Container in Cafés und Läden umfunktionieren.
Die letzten Tage in Neuseeland fuhren wir an der wunderschönen Ostküste entlang, erholten uns in einem malerischen Tal im Pedaller’s rest, radelten bei schlechtestem Wetter über zwölf super schwere Hügel, nahmen die Fähre von Picton nach Wellington, auf der ich seekrank wurde, fuhren mit dem Zug zurück nach Auckland und verabschiedeten uns zum letzten Mal von einem herrlichen Land und netten Leuten.
Geradelte Kilometer:
20. März, Lake Ohau Lodge – Twizel, 38km
21. March, Twizel – Braemar Station, 46km
22. March, Braemar Station – Lake Tekapo, 31km
23. March, Lake Tekapo – Fairlie, 47km
24. March, Fairlie – Timaru, 59km
25. March, rest day
26. March, Timaru – Ashburton, 98km
27. March, Ashburton – Christchurch, 107km
28. – 31. March, Christchurch, 35km
1. April, Christchurch – Amberly Beach, 67km
2. April, Amberly Beach – Waiau, 79km
3. April, Wairau – Kaikoura, 89km
4. April Kairkoura, rest day
5. April, Kairoura – Ward, 77km
6. April, Ward, rest day
7. April, Ward – Blenheim, 61km
8. April, Blenheim, rest day
9. April, Blenheim – Picton, 64km
10. April, Picton – Wellington, 37km
11. April, Wellington – Auckland by train
12. – 14. April, Auckland, 100km
Gesamtdistanz: 24.215km, davon 4.045km in New Zealand