8. – 19. März, 2014 – Nach Invercargill radelten wir endlich mit lang ersehntem Rückenwind. Den ganzen Tag flogen wir fast durch die hügelige Landschaft, deren Straßen von Berg zu Berg steiler wurden. Mittlerweile waren wir in den Catlins, einer rauhen, dünn besiedelten Gegend mit tollen Küsten und dichtem Regenwald. Hier gibt es viele seltene Vogelarten, unter anderem gelbäugige Pinguine.
Da ich noch nie wilde Pinguine gesehen habe, war das für mich eine besondere Attraktion. Wie der Zufall es will, war unser Campingplatz dicht an einem Küstenstrich, wo die Pinguine abends an Land kommen. Am Campingplatz riet man uns, so gegen 19.30 Uhr in Richtung Strand zu gehen. Erwartungsfroh liefen wir also entlang der Küste und sahen schon von weitem eine bunte Menschenmenge. Wir waren mal wieder nicht die einzigen. Als wir dann endlich ankamen, standen ungefähr 100 Schaulustige wartend, aufgeregt und mit gezückten Kameras herum. Und ach herrje, da war ein Pinguin. Ja, ganz richtig, genau ein Pinguin stand dicht bei der Menschenmenge. Erst dachte ich, es handele sich um ein ausgestopftes Exemplar, da sich das Ding auf dem Felsen nicht bewegte, aber als wir uns ein Guckloch durch die Menschenmenge erhaschten, sahen wir, dass dieses Exemplar tatsächlich lebte. Ich hatte eigentlich gehofft, eine ganze Kolonie von Pinguinen anzutreffen, nicht nur einen. Daher liefen wir ein bisschen weiter und tatsächlich, ganz weit weg hüpften noch zwei Exemplare aus dem Meer und wackelten gemütlich hintereinander her. Sie wirkten wie ein altes Ehepaar, der Mann vorneweg, sich ab und zu umdrehend und schimpfend und nach ein Paar Streitigkeiten ging es dann weiter. Nach ungefähr einer halben Stunde liefen wir ein bisschen enttäutscht wieder zum Zelt zurück. Drei Pinguine waren nicht gerade überwältigend, aber immerhin. Am nächsten Morgen sahen wir dann noch zwei Hector Delphine, die neugierig in der Bucht schwammen. Damit sind zwei weitere vom Aussterben bedrohte Tierarten gesichtet und abgehakt.
Von hier ging es wieder langsam in Richtung Norden und Dunedin, auch bekannt als die Öko-Hauptstadt Neuseelands, da die Otago Halbinsel im Osten weitere Pinguinkolonien beherbergt und die einzige Festland-Brutstätte für den königlichen Albatross ist. Die Stadt selber hat mich sehr an Edinburgh erinnert, mit schöner viktorianischer Architektur, einzigartig in der südlichen Hemisphäre.
Nach Dunedin machten wir uns wieder auf ins Innere der Insel, um einen Teil des Otago Eisenbahn-Radwegs abzuradeln. Doch erst mussten wir mehr als 20 oft lange und fast immer steile Berge bis nach Middlemarch überwinden. Ein harter Tag, an dem wir viel zu spät losgefahren sind und erst kurz vor Einbruch der Dunkelheit ankamen. Dieser Tag war fast wie Radeln durch die Highlands von Schottland, kein Wunder dass sich die Schotten vor vielen Jahren Dunedin als ihre neue Heimat fern der Heimat ausgesucht haben.
Von Dunedin bis Middlemarch:
Der Otago Eisenbahn-Radweg von Middlemarch nach Ranfurly:
Ach ja, so allmählich lässt uns unsere Kleidung im Stich und das, wo wir doch bald wieder nach Hause fuhren. Begonnen hat es mit meinem Nachthemd. Noch vor ein Paar Tagen war ich stolz, dass es so lange gehalten hat, immerhin habe ich es vom ersten Tag an so gut wie jeden Tag getragen und innig geliebt. Und wie es dann so kam, wollte ich es eines Abends nach dem Duschen über den Kopf ziehen und Ratsch, habe ich einen 30cm langen Riss im Hemd. Natürlich vorne und natürlich hatte ich keine sauberen Kleider dabei. Zum Glück war es draußen schon dunkel und ich schlich mich unauffällig zurück zum Zelt. Da ich so kurz vor Ende unserer Reise nichts neues kaufen wollte und auch keine alten T-Shirts mehr hatte, hieß es nähen ab sofort. Und das sollte eine fast tägliche Beschäftigung werden, da die Baumwolle mittlerweile so dünn war, dass ich bei jeder noch so kleinen Bewegung nachts ein weiteres Loch ins Hemd riss. Man hätte fast meinen können, dass Johan mir wie wild geworden die Kleider vom Leibe riss…
In Ranfurly haben wir bei einer Warm Showers Familie im Garten gezeltet und einen typisch neuseeländischen Abend inklusive Abendessen verbracht. Da das Wetter am nächsten Tag so schlecht war, luden uns die Kirks ein, noch einen weiteren Tag zu bleiben und wir wurden in die Geheimnisse des schottischen Sports Curling eingeweiht. Hat super Spaß gemacht, vor allem das Eisfegen!
Weiter ging es dann durch eine sehr abgelegene Gegend und über einen langen Pass. Den ganzen Tag über fuhren nur eine Handvoll Autos an uns vorbei und mit dem wieder mal super schönen Wetter hatten wie einen weiteren wunderschönen und außergewöhnlichen Tag in Neuseeland.
Von Duntroon aus, wo wir wieder relativ spät ankamen, da wir den Schwierigkeitsgrad des Passes, der aus zwei Gipfeln bestand unterschätzt hatten, ging es dann am nächsten Tag auf dem ‘Alps to Ocean’-Radweg weiter in Richtung Südalpen. Der Radweg war ein Traum! Wieder mal. Wir dachten hier sogar einmal, dass wir uns jetzt wohl irgendwo im Nirgendwo nun doch verfahren hätten, da der Weg kaum noch einem Weg ähnelte, sondern aus einem Meter hohem Gras bestand. Erst als uns einige Mountainbiker entgegenkamen, waren wir erleichtert. Auch hier mussten wir über einen Berg, der in der Radwegbeschreibung als 9km lang beschrieben war. Nach besagten 9km waren wir irgendwo an einem Hang, aber ganz sicher nicht oben, ein Ende des Berges war nicht in Sicht. Mittlerweile wurde der Grasweg auch zu einem felsigen und schmalen Pfad: links der Berg und rechts ging es steil nach unten. Wir waren jetzt auf einem Mountainbike-Trail, der äußerst ungeeignet für Trekkingräder mit viel Gepäck ist. Irgendwann sind wir von den Rädern abgestiegen, nicht weil der Weg zu steil wurde, sondern eher, weil er so steinig war, dass uns das Gehubbel zu blöde wurde. Trotz unserer leicht säuerlichen Laune genossen wir die einmaligen Ausblicke ins Tal, auf den See und die schneebedeckten Berge. Gegen 18 Uhr erreichten wir dann endlich den Gipfel, von nun an ging es 16km nach unten, wofür wir auch eine Stunde brauchten, da der Weg auch nach unten nicht besser wurde. Unten angekommen stellten wir bei der Lodge unser Zelt auf und gönnten uns ein leckeres Drei-Gänge-Menü im Restaurant mit Blick auf See und Alpen. Ein weiterer unglaublicher Tag neigte sich einem wunderbaren Ende zu.
Geradelte Kilometer:
8. März, Invercargill – Curio Bay, 76km
9. März,, Curio Bay – Owaka, 69km
10. März, Owaka – Balclutha, 48km
11. März, Balaclutha -Dunedin, 85km
12./13. März, Dunedin, 30km
14. März, Dunedin – Middlemarch, 85km
15. März, Middlemarch – Ranfurly, 62km
16. März, Ranfurly, rest day
17. März, Ranfurly – Duntroon, 80km
18. März, Duntroon – Otematata, 68km
19. März, Otematata – Lake Ohau Lodge, 67km
Gesamtdistanz: 23.182 km, davon 3.012km in Neuseeland